Ganze drei von vier jungen schwarzen Männern müssen mit einer Inhaftierung rechnen. Wächst man zusätzlich in einer armen Nachbarschaft auf, ist der Gefängnisaufenthalt praktisch garantiert. Dieser Umstand resultiert aus dem sogenannten Prison Industrial Complex und betrifft spezifisch schwarze US-Bürger*innen und andere ethnische Minderheiten in den USA. Doch wie genau funktioniert der Prison Industrial Complex? Und wer profitiert im Geheimen, während andere leiden?
Bekamen schwarze Menschen von der US-Regierung bestimmte Rechte zugeschrieben, wurde von weissen, konservativen Politiker*innen als Reaktion darauf ein anderes, neuartiges System von Kontrolle etabliert.
Die Beziehung zwischen den USA und ihren schwarzen Bürger*innen war seit ihren Anfängen ausbeuterisch. Zu Zeiten der Sklaverei profitierte die weisse amerikanische Elite von der Arbeit schwarzer Menschen. Doch auch nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei wurden immer wieder neue Wege gefunden, ein unterdrückendes System zu erhalten und den Profit an schwarzen Menschen zu perpetuieren.
Dies lief im Prinzip immer gleich ab: Bekamen schwarze Menschen von der US-Regierung bestimmte Rechte zugeschrieben, wurde von weissen, konservativen Politiker*innen als Reaktion darauf ein anderes, neuartiges System von Kontrolle etabliert. Als schwarze Menschen das Wahlrecht in den USA bekamen, wurden kurz darauf Wahlsteuern und Alphabetismus-Tests eingeführt. Wer diese Steuern nicht bezahlen konnte oder zu wenig gut Lesen und Schreiben konnte, um die Alphabetismus-Tests zu bestehen, verlor sein Wahlrecht. Dies betraf damals natürlich überwiegend die schwarze Bevölkerung. Zusätzlich wurde Arbeitslosigkeit gesetzlich verboten, wodurch viele schwarze Menschen im Gefängnis landeten. Sklaverei wurde somit ganz einfach durch Gefängnisarbeit ersetzt. Auch die Jim Crow Gesetze, die besagten, dass schwarze und weisse Menschen separiert leben mussten, sind ein Beispiel für ein solches Kastensystem.
In den 1980ern erklärte der damalige US-Präsident Ronald Reagan den Drogen den Krieg. Wie der Name schon verrät, richtete sich dieser gegen die Verbreitung und Konsumierung illegaler Drogen. Ab diesem Moment schoss die Anzahl inhaftierter Menschen in die Höhe: In weniger als 30 Jahren stieg sie von 300’000 auf unglaubliche 2 Millionen. Dadurch wurden die USA nicht nur zum Land mit den meisten Inhaftierungen überhaupt, sondern auch zum Land mit dem höchsten Anteil von schwarzen Menschen in Haft. Denn diese werden überproportional oft aufgrund von Drogen inhaftiert: Ganze 13-mal öfter als weisse Menschen. Dies ist jedoch nicht aufgrund höherer Kriminalität der Fall, sondern aufgrund von höherer Polizeipräsenz in schwarzen Nachbarschaften. Denn Studien belegen immer wieder: Alle Ethnien verkaufen und konsumieren illegale Drogen in nahezu gleichen Mengen.
So gelingt es mithilfe des Justizsystems und rassistischen Neigungen in der Bevölkerung eine neues unterdrückendes System zu schaffen.
So gelingt es mithilfe des Justizsystems und rassistischen Neigungen in der Bevölkerung eine neues unterdrückendes System zu schaffen. Die Strafverfolgung kann sich hinter neutralen Gesetzen verstecken, während rassistische Vorurteile dafür sorgen, dass die weisse Bevölkerung der USA die Masseninhaftierung schwarzer Menschen nicht hinterfragt. Ausserdem können grosse Unternehmen so von unterbezahlter Gefängnisarbeit profitieren, ohne dass die breite Öffentlichkeit etwas davon mitbekommt.
Währenddessen wird die schwarze Bevölkerung in Haft zu einem stimmlosen Volk. Sie kriegen den «Verbrecher»-Stempel aufgedrückt und verlieren einen grossen Teil ihrer Bürgerrechte. Auch nach dem Gefängnisaufenthalt ist es ihnen oft nicht mehr gestattet zu wählen, einer Arbeit nachzugehen oder staatliche Unterstützung für die Finanzierung von Behausungen anzufordern. Sie verlieren also dieselben Rechte, die ihnen im Laufe der ganzen US-Geschichte schon weggenommen wurden. Geändert hat sich lediglich die Sprache, mit der wir dies rechtfertigen.