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Die Linke und der Staat Infrarot 224

Warum hier kein Interview mit der Polizei steht

Sommer 2020. Ein unbewaffneter Zivilist verliert durch die US-Polizei auf brutale Weise sein Leben. Ein Video des Vorfalls kursiert im Internet. Weltweit finden Proteste gegen Polizeigewalt statt. Und während sich in der Gesellschaft eine wichtige Debatte über die Problematiken der Polizei entwickelt, tut diese vor allem eines: Mit Tränengas und Gummigeschossen die Proteste niederschlagen und damit genau deren Anliegen bestätigen.

Die Beziehung zwischen linker Politik und staatlicher Ordnungsmacht

Die Entstehung der modernen Polizei nahm ihre Anfänge im 19. Jahrhundert. Damals war sie jedoch keineswegs für die Aufklärung von Verbrechen oder die Sicherheit der Bevölkerung gedacht. Vielmehr wurde sie von der Oberschicht als Reaktion auf die grösser werdende Arbeiter*innenbewegung gegründet. Denn die Elite hatte Interesse daran, ihr Privateigentum zu beschützen. Sie setzte sich gegen die Bedürfnisse der Arbeiter*innenklasse und für die Perpetuierung der bestehenden Verhältnisse ein. Die ursprüngliche Aufgabe der Polizei bestand demnach darin, Massenaufstände von Arbeiter*innen niederzuschlagen. Es ist also naheliegend, warum die Linke von Beginn an ein natürlicher Feind des Polizeiapparats war. Er stellte sich gegen die Arbeiter*innenklasse und somit auf die Seite der Kapitalist*innen.

Die Institution der Polizei wurde als Apparat des Kapitalismus geschaffen – und das bleibt sie auch.

Seit der Gründung der Polizei ist viel Zeit vergangen. Folglich stellt sich die Frage, ob sich deren Rolle seit damals verändert hat. Tatsächlich konnten verschiedene positive Umgestaltungen im Polizeisystem etabliert werden. Beispielsweise wurde die Ausbildungszeit von Polizist*innen verlängert, was zu einem Rückgang von Polizeigewalt geführt hat. Trotzdem hat sich das weitverbreitete Bild der Polizei als «Freund und Helfer» innerhalb der Linken nie durchgesetzt. Dies hat vielseitige Gründe. Einerseits liegt es an den gewalttätigen, oftmals rassistischen Taten, die die Polizei in den letzten Jahren begangen hat. Andererseits liegt es daran, dass linkspolitische Demonstrationen oft brutal niedergeschlagen werden, was bei rechtspolitischer Ausrichtung in der Regel nicht der Fall ist. Zusätzlich sorgt die Repression von Kundgebungen für das Aufrechterhalten der herrschenden Verhältnisse. Davon profitieren nach wie vor überwiegend Kapitalist*innen. Die Institution der Polizei wurde als Apparat des Kapitalismus geschaffen – und das bleibt sie auch.

Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass die Abneigung auf Gegenseitigkeit beruht. Linkseingestellte Menschen werden von der Polizei oft als oppositionell, sogar gefährlich wahrgenommen. Ein produktiver Austausch auf Augenhöhe wird also praktisch verunmöglicht.

Da der derzeitige Polizeiapparat mit einer linken Einstellung ideologisch im Konflikt steht, setzten die meisten Menschen innerhalb der Linken auf eine Abschaffung oder zumindest auf eine Reformierung dessen. Wie eine zukünftige Gesellschaft ohne die heutige Polizei konkret aussehen soll, ist nicht im Detail klar. Die Entwicklung eines alternativen Sicherheits- und Organisationssystems ist jedoch zentral. In der Zukunft soll ein System möglich sein, das nicht überwiegend einem kleinen Teil der Gesellschaft dient, sondern durch welches ein friedliches Zusammenleben aller Menschen ermöglicht werden kann.

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